Das Dorf Chi Phat befindet sich ca. 25km von Andoung Tuek am suedlichen Rand der Kardamomberge. Andoung Tuek ist zwar das naechst groessere, jedoch auch nur ein weiteres Kuhkaff auf dem Weg von Phnom Penh nach Koh Kong. In Chi Phat leben etwa 550 Familien in einfachsten Holzhuetten ohne befestigte Strassen. Lediglich Feldwege verbinden die weit auseinander gezogenen Huetten miteinander. Hier fahren keine Autos, nur Motos und Fahrraeder, Strom ist (mittlerweile) ziemlich regelmaessig und Internet ueber Satellit im CBET Office vorhanden, fliessendes Wasser (ausser in den Fluessen) gar nicht. Das Haupteinkommen der hier lebenden Khmers bildete neben der Landwirtschaft lange Zeit Wilderei und illegale Waldrodungen. Die Nachbarlaender China und Vietnam sind Hauptabnehmer fuer u.A. Guerteltiere (lebend) mit einem Preis von $150 pro Kg, wobei beruecksichtigt werden muss, dass hier ein Monatseinkommen ungefaehr $100 betraegt, teilweise sogar nur $30. Wie wir spaeter erfahren haben, waren 100 Guerteltiere an taeglicher Beute keine Seltenheit. Im Jahr 2000 hat die Organisation Wildlife Alliance darauf reagiert und Ranger hierher geschickt. Es gab viele Verhaftungen, die 5-10 Jahre Gefaengnis zur Folge hatten. Die Dorfbewohner waren nun erfolgreicherweise veraengstigt, aber auch veraergert, da ihnen das Leben hier draussen um einiges erschwert wurde. 2007 kam ein Student aus Phnom Penh auf die Idee, das Dorf fuer ein Oekotourismusprojekt zu nutzen. Er leistete einiges an Ueberzeugungsarbeit. Wirklich gefruchtet hat das Ganze dann, als die ersten Touristen und damit das Geld kamen. Ueberraschender Weise gab es erst ab dem dritten Jahr mehr internationale als nationale Besucher.

Was genau beinhaltet das Studentenprojekt: Touristen erleben den Dorfalltag, schlafen bei Gastfamilien und koennen mit Guides Touren durch den Dschungel machen. Alle Angestellten sind Einheimische und unter den Guides befinden sich einige ehemalige Wilderer. Angegliedert an das Oekoprojekt ist eine von der Wildlife Alliance finanzierte Baumschule und Aufforstungsstation zur Eindaemmung der Rodungsschaeden.

Fuer uns als Touris sah das ganze Projekt folgendermassen aus: Wir hatten unser eigenes kleines Zimmer  in einem Stelzenhaus, unter dem sich Tisch, Baenke und jede Menge Haengematten zum Chillen in der Hitze befinden. Unsere Familie hat 3 Hunde, frei laufende Huehner und Enten, Schweine im Stall und Bueffel auf der Weide. Unser Bett ist tatsaechlich ein richtiges Bett mit einem Moskitonetz. Jeglicher Luxus wie Klimaanlage, Ventilatoren, fliessendes Wasser und durchgaengig Strom gibt es hier nicht. Es gibt ein richtiges Bad, jedoch besteht die Spuelung und auch die "Dusche" aus Schoepfkellen und einer grossen Zisterne. Jedoch ist das Klima hier durch die intakten Waelder insgeamt etwas angenehmer. An unserem ersten Tag haben wir im Office eine Tour gebucht, unser Zimmer bezogen und das Dorf erkundet, bis wir uns ploetzlich zwischen 200 Einheimischen inmitten einer Khmerhochzeit wiederfanden. Wir wurden von der Braut persoenlich an einen Tisch mit einem Londoner Paerchen und einigen Khmermaedchen gedraengt - Widerstand war zwecklos. Bevor wir uns versahen, hatten wir Essen und Getraenke mit Glasgrossen Eiswuerfeln aufgetischt bekommen und wurden von alten, wild gestikulierenden Khmer-Omas aufgefordert zu essen. Das Ganze wurde mit traditioneller Live-Musik von Saengern, Saengerinnen und Taenzerinnen auf der Buehne untermalt. Am Ende mussten wir sogar tanzen - permanent mit 50 Einheimischen um einen Tisch laufend und dazu die typische Handdrehung wiederholend. Vollgefressen und muede getanzt sind wir dann in freudiger Erwartung der Tour am naechsten Morgen ins Bett gefallen.

Aufbruch war 5:50 Uhr, erst 2h mit dem Motor- und dann 1h mit einem traditionellen Ruderboot. Das Motorboot war lang und wackelig und der Antrieb an einem langen Stab in Form eines Propellers vorhanden. Da er insgesamt ziemlich laut war, haben wir kaum Tiere gesehen. Auf dem Ruderboot sah das Ganze dann aber schon anders aus - Hornbills, Tukan und einen Wels auf der Jagd haben sich gezeigt. Beim Anlegen haben wir ein altes Fischernetz entdeckt, in dem sich 2 Fische verfangen hatten und nachdem diese befreit waren, packten wir unsere Sachen fuer den Marsch und machten uns auf den Weg. Es ging 3,5 km durch den Dschungel. Wir waren klatschnass geschwitzt und hatten trotz Insektenspray, langen Hosen und Stiefel haufenweise Blutegel an den Fuessen. Steffi hatte sogar einen am Bauch, Ruecken und IM BAUCHNABEL. Zum Glueck waren diese aber schon fertig mit saugen und fielen ganz leicht ab. Am Ende kam sie auf glorreiche 11 Bisse, welche bei ihr gleich blau wurden. Aber Blutegel sind ungefaehrlich und sogar gesund, denn sie reinigen das Blut, uebertragen keine Krankheiten und tun nicht einmal weh. Unser erster Stop war ein kleiner Verschlag an einem Fluesschen im Wald, wo unsere Guides ein Lagerfeuer anmachten, um Mittag zu kochen und wir Zeit hatten, ein Stuendchen im Schatten zu doesen. Danach ging es auf die zweite 6 km Etappe bis zu einem kleinen Lager mit Toilette (Loch im Boden aber immerhin in einem eigenen Verschlag), mehreren aus Bambus gebauten, offenen Huettchen zum Kochen und Schlafen und einem Fluss mit einem kleinen Wasserfall. Darunter hat sich ein Pool gebildet, in dem wir erfrischen und waschen konnten. Das Tolle daran war, dass es tausende kleine Fische gab, die sofort zu einem geschwommen kamen, um zu knabbern. Das war eine ganz schoene Ueberwindung, aber wir hatten im Reisefuehrer gelesen, dass das voellig ok ist Am Ende haben wir die kostenlose Dschungelmassage sogar genossen. Die Nacht haben wir in einer Haengematte mit Moskitonetz verbracht, nachdem wir noch stundenlang bei Kerzenschein auf improvisierten Bambustischen und -baenken mit den beiden Guides quatschten. Nur einer von ihnen konnte Englisch und musste immer uebersetzen, aber es war sehr lustig und wir erfuhren viele interessante Dinge. Der zweite Guide war frueher einmal ein Wilderer und wir haetten gerne mehr mit ihm geredet, aber er war der Nicht-Englisch-Sprechende.

Am zweiten Tag ging es nach dem (Reis)Fruehstueck erst einmal 2 km zu einem Teich, an dem man oft Wildschweine, Rehe und manchmal Elefanten sehen kann. Wir hatten aber leider kein Glueck, es waren nur ein paar Wildenten da. Durch den Teich hindurch und ueber eine natuerliche Wiese (keiner weiss warum hier keine Baeume wachsen) ging es dann mit den Bergen am Horizont als Ziel auf die naechste Etappe. Wir kamen durch einen voellig anderen Dschungel mit viel Bambus zu einem Reisfeld und Bananen- und Durianplantagen. Hier schlugen wir unser zweites Nachtlager auf, um am naechsten Tag zurueck zum Dorf zu gehen. Dabei stoppten wir an 2 Wasserfaellen mit einem 10-Metersprung und einem Wasserfall, unter den man sich drunter stellen konnte. Zum Glueck organisierte unser Guide ein Moto, sodass wir nicht mehr laufen mussten und mehr Zeit am und vor allem im Wasser verbringen konnten.

Am Abend sassen wir dann noch mit Vanak (Guide) zusammen, um ihm zu helfen, sein Facebook einzustellen und eine Emailadresse einzurichten. Es ist schon witzig, dass ein 22-Jaehriger das nicht kann, wo es doch in Deutschland fuer jeden 12-Jaehrigen Alltag ist...

 

Nach 3 Tagen Dschungeltrekking und einem Tag Dorfalltag haben wir uns noch fuer eine letzte Tour mit unserem Lieblingsguide Vannak und unserer Homestay-Mitbewohnerin Baiba entschieden. Wir haben uns mit den Fahrraedern einen Tag lang ca. 20km den Weg zu Wasserfaellen gebahnt. Das hiess, Fahrkuenste gegen leere und volle Flusslaeufe behaupten, ueber Stock und Stein zu fahren und sich durch Sand und Schlamm zu kaempfen. Aber so schlimm war es eigentlich gar nicht, dank einem guten Vormacher und den zwei erfrischenden Wasserfaellen und dem Bad im Fluss zum Abkuehlen und Entspannen. Bei einem Stopp auf dem Weg hielten wir bei einer der vielen verstreuten Bauernfamilien an, die sehr gastfreundlich war und aeusserst interessiert die "Barrang" (Weissen) beaeugt haben. Waehrend der Sohn der Familie staendig auf die weisse Haut von Steffi und Baiba starrte, hat der Papa uns mit Jackfrucht versorgt bis wir Bauchweh hatten und unsere Finger total verklebt waren. Was macht man, wenn man dann kein Waschbecken hat? Man guckt, wie es die Einheimischen machen und nimmt sich auch ein paar Bananenblaetter zum Haendeabreiben. Danach sind sie zwar gruen, aber nicht mehr klebrig. Der naechste Fluss ersetzt dann das Waschbecken. Ist man jedoch nicht ganz so aufmerksam (Baiba), traegt man erheblich zum Amusement der Bauern bei, denn das Zeug klebt wie UHU. Nachdem der Junge sich wieder eingekriegt hatte, zeigte er uns dann doch noch die Fledermaushoehle, die sich hinter dem Filmreifen Wasserfall O'Spot verbirgt.

Man soll ja bekanntlich gehen, wenn es am schoensten ist- also sagen wir schweren Herzens Auf Wiedersehen Chi Phat.