Yosemite zu übertreffen, wird auf dieser Reise kein leichtes unterfangen und schon gar nicht schafft dies ein Kings Canyon, zumal er noch höher gelegen ist und damit viel mehr Strecken gesperrt waren. Als wir ankamen, war es sau kalt und wir mussten uns erst einmal umziehen. Gewappnet gingen wir auf eine kurze Hikingtour um den Lake Hume, was so ziemlich das einzige war, das über den Winter erreichbar und nicht direkt neben dem Visitor Center und der Lodge war. Am See war es sehr schön ruhig, kaum Touris und es schneite in dicken Flocken. Im Sommer muss Lake Hume total über laufen sein, denn es gibt einen Pool, Jeeps und Boote aller Art zum Ausleihen und einige Geschäfte. Wir waren froh, um diese Jahreszeit hier zu sein, auch wenn es zu kalt war, um sich zu setzen und die Idylle zu genießen. Und das war auch der Grund, warum wir uns für diese Nacht in die Lodge ein buchten. Diese war zwar verhältnismäßig teuer, doch jeden Dollar wert. Wir saßen abends am Kamin in der Lounge mit Ledersofas und knarzenden Holzbalken. Die Funken im Kamin tanzten und sangen ein knisterndes Abendlied. Viele Gäste saßen ruhig auf ihren Sesseln und Canapėes, lasen ein Buch und genossen die Wärme des Feuers. Von unserem Zimmer aus blickten wir direkt in den Wald, in dem wir Tiere beobachten konnten. Zum Beispiel ging ein kleines süßes Streifenhörnchen seinen täglichen wuselnden Aufgaben auf einem Baumstumpf direkt unter unserem Fenster nach. Am See hatten wir am Nachmittag schon eine ganze Herde Rehe direkt neben dem Auto im Wald grasen und die Halbwüchsigen herumtollen sehen. Als wir uns am nächsten Tag auf den Weg Richtung Süden machten und hier und da stoppten, um einige Ausflüge in den Wald der Riesen(Sequoias) zu machen, sahen wir mehrere frische Spuren im Schnee, unter anderem die eines Bären. Leider haben wir ihn auch dieses Mal nicht gesehen, sondern nur erahnen können. Die Winterlandschaft war bezaubernd, bot tolle Ausblicke vom Bobcat Point (LUX-Aussichtspunkt) und dem Moro Rock, einem riesigen Granitfelsen mitten im dichten Sequoiawald, nicht zu vergessen der (volumenmäßig) größte Baum der Welt General Sherman. Raus aus dem Nationalpark und rein in die Sonne. Alles, was wir angezogen hatten, um uns in Kings Canyon/Sequoia warm zu halten - und das war so ziemlich der gesamte Rucksackinhalt - zogen wir am Fuße des Gebirges wieder aus, da es hier plötzlich wieder 20°C warm war. In kurzer Hose und Sandalen machten wir dann am Lake Kaweah noch einen kleinen Zwischenstop, um die hier wieder vollkommen andere Landschaft zu genießen. Nicht ganz aus dem Auto ausgestiegen, sprach mich auch schon wieder ein Einheimischer an. Die Menschen machen das hier oft, fragen dich einfach wie es dir geht oder wie dein Tag war. Nur war es jetzt anders, denn wir tauschten nicht nur die obligatorischen Höflichkeitsfloskeln aus, sondern kamen wirklich ins Gespräch. Carlos war in den 70er Jahren als Soldat in Deutschland und freute sich, mal wieder über diese Zeit quatschen zu können. "Do you still have Oktoberfest and Jägermeister?" :-) Er fragte uns, ob wir schon dies und jenes gesehen oder gemacht hätten, als Einheimischer kannte er sich sehr gut aus, was wir aber alles verneinen mussten. Als er uns dann vorschlug, bis nach Pismo ans Meer und den Highway 1 an der Küste entlang nach L.A. zurück zu fahren, änderten wir kurzerhand unseren ursprünglichen Plan, in Bakersfield zu stoppen und machten uns nach einem gemeinsamen Bier und 2h quatschen auf den Weg. Im Sonnenuntergang fuhren wir dem Pazifik entgegen und freuten uns auf die nächste, vielversprechende Etappe...